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Warum Immobilieneigentümer mit Disziplin im Alter reicher sind

von Robert Heimhuber
08.10.2020

Laut focus.de liegt nach Zahlen der Deutschen Bundesbank bei Mietern in Deutschland der Median bei einem Nettovermögen von nur 10.400 €. Dagegen liegt er bei Eigentümern bei 218.400 € (Eigentümer mit Hypothek) bzw. bei 317.100 € (Eigentümer ohne Hypothek).

Zum Vermögen zählen Sachvermögen wie Immobilien, Unternehmen, Schmuck oder Autos und Finanzvermögen inklusive Wertpapiere und Aktien.

Davon abgezogen werden Schulden wie Hypotheken oder Kredite.

Der Einwand liegt nahe, diese Diskrepanz lasse sich daraus erklären, dass eher die besser verdienenden und vermögenden Personen Immobilien kaufen. Der Immobilienbesitz wäre demnach nicht die Ursache, sondern die Wirkung der besseren Vermögenssituation.

Das ist natürlich richtig, aber allenfalls die halbe Wahrheit. Das Institut empirica kam zu dem Befund, der Wirkungszusammenhang gehe keineswegs nur in diese Richtung. Die Wissenschaftler verglichen Personen mit einem gleichen monatlichen Haushaltsnettoeinkommen, und auch hier zeigte sich die erhebliche Diskrepanz in der Vermögenssituation von Personen mit und ohne Immobilieneigentum.

Immobilie zwingt zum Sparen
Der Hauptgrund für die beschriebene Diskrepanz in den Vermögensverhältnissen von Mietern und Immobilieneigentümern ist das sehr unterschiedliche Sparverhalten. Beide Gruppen, also Mieter und Wohnungseigentümer, sparen außerhalb der Tilgung etwa gleich viel. Sie legen also gleich hohe Beträge in Lebensversicherungen, Sparplänen und anderen Kapitalanlagen an.

Man hätte vielleicht erwarten können, dass die Immobilieneigentümer etwas weniger in anderen Anlageformen sparen, weil sie das Geld für die Tilgung ihres Darlehens brauchen. Dem ist jedoch nicht so.

Bei den Immobilieneigentümern kommt die Tilgung der Immobilie zu den sonstigen Sparleistungen noch hinzu. Im Alter verfügen diese Menschen über eine entschuldete Immobilie und können dann die zur Gewohnheit gewordene Sparleistung in anderen Anlageformen fortsetzen.

Aktien oder Immobilien?
Anhänger von Aktien argumentieren mit statistischen Erhebungen, wonach Aktien eine höhere Rendite als Wohnimmobilien bringen. In der Tat: Wer über 30 oder 40 Jahre diszipliniert in einen weltweit anlegenden ETF anspart, dürfte am Ende ein deutlich höheres Nettovermögen haben.

Das Problem ist nur: Kaum jemand hat diese Disziplin. Die meisten Anleger unterbrechen den Sparplan oder verkaufen ihre Aktien, beispielsweise weil sie es bei einem Crash mit der Angst zu tun bekommen oder weil sie das angesparte Geld für andere Zwecke brauchen.

Das ist bei einer Immobilie sehr viel unwahrscheinlicher – kein Eigentümer wird einfach so die Ratenzahlungen an die Bank einstellen oder die Wohnung verkaufen, weil er Geld für neue Anschaffungen braucht. Die Immobilie ist ein Zwangssparplan, der Menschen zwingt, jene Disziplin aufzubringen, die auch bei Aktiensparplänen wichtig wäre.

Warum Italiener reicher als Deutsche sind
Einer Studie der Allianz AG zufolge liegt Deutschland in der Liste des Nettogeldvermögens pro Kopf weltweit auf dem 18. Platz. Das Nettogeldvermögen pro Kopf beträgt hierzulande 52.390 Euro. Italien liegt mit 58.610 Euro auf dem 16. Platz, noch vor Österreich, das mit 53.980 Euro auf dem 17. Platz rangiert. Das Nettogeldvermögen umschreibt den Saldo aus Forderungen und Verbindlichkeiten.

Der Unterschied erklärt sich zu einem Großteil daraus, dass die Wohneigentums-Quote in Italien mit 72,4 Prozent deutlich höher ist als in Deutschland (51,5 Prozent).

Immobilienbesitz zwingt die Menschen zu einer hohen Disziplin bei der Sparleistung. Das ist das „Geheimnis“, warum Immobilieneigentümer mehr Vermögen aufbauen als Mieter und warum das durchschnittliche Vermögen in Ländern wie Italien mit hoher Wohneigentumsquote deutlich höher ist als das in Ländern mit niedriger Wohneigentumsquote.

Eine Studie zu Reichen
Dass Immobilien einen entscheidenden Beitrag zur Vermögensbildung leisten, zeigt auch eine an der Universität Potsdam entstandene Dissertation von Melanie Böwing-Schmalenbrock („Wege zum Reichtum“), die Interviews mit 472 Deutschen mit einem durchschnittlichen Vermögen von 2,35 Millionen Euro ausgewertet hat.

Das Ergebnis: Natürlich spielte die Erwerbstätigkeit die zentrale Rolle für die Reichtumsbildung – gefolgt von Erbschaften. Direkt nach diesen beiden Gründen waren jedoch Immobilien ein zentraler Aspekt bei der Bildung von Reichtum. 48 Prozent der Befragten gaben an, Immobilien seien „ein wichtiger Aspekt“ für ihre persönliche Reichtumsgenese gewesen. Von Aktien sagten das dagegen nur 20 Prozent.

Leider wurde bei der Befragung nicht ermittelt, ob die betroffenen Haushalte mit der Bedeutung von Immobilien beispielsweise die Vermietung eigener Immobilien, den gewinnbringenden Verkauf von Immobilien oder lediglich die Einkommensvorteile von selbstgenutzten Immobilien meinten.

Ein weiteres Ergebnis der Dissertation war, dass besonders vermögende Unternehmer eine Affinität zum Immobilienerwerb haben. Wenn von den Befragten Unternehmertum als wichtigster Aspekt für die Reichtumsbildung benannt wurde, spielte in mehr als der Hälfte der Fälle auch Immobilienbesitz eine wichtige Rolle.

Und auch umgekehrt gilt: Wurde Immobilienbesitz als wichtiger Aspekt der Reichtumsbildung genannt, dann wurde in 40 Prozent der Fälle auch Unternehmertum genannt.

Immobilien spielen also eine wichtige Rolle bei der Vermögensbildung. Dennoch soll nicht verschwiegen werden: Immobilien sind keineswegs, wie es ein populäres Vorurteil sagt, per se eine „sichere“ Anlage. Immobilienwerte können sinken, beispielsweise aufgrund von Marktentwicklungen oder durch staatliche Eingriffe.

Derzeit sind Immobilien im historischen Vergleich in vielen deutschen Metropolen teuer, was als Nachteil gegen die beschriebenen prinzipiellen Vorteile abzuwägen ist.

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